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Fachkräftemangel: Ausländische Banker machen um Deutschland einen großen Bogen

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Wegen des drohenden Fachkräftemangels schlägt jetzt auch die Bundesregierung Alarm. Laut einem internen Papier, das dem Stern vorliegt, wird das Angebot an Arbeitskräften hierzulande von derzeit 43,2 auf 39,3 Mio. in 2025 fallen – was schon eine recht optimistische Prognose ist.

„Als Wissensgesellschaft und in der Weltwirtschaft ist Deutschland auf den Austausch von Wissen und Ideen auch durch Zuwanderung von qualifizierten Fachkräften besonders angewiesen“, heißt es in dem Papier. „Steigender Fachkräftemangel würde sich bald zu einem gravierenden Investitions- und Wachstumshemmnis entwickeln.“

Banken als weitgehend ausländerfreie Zone

Damit reiht sich das Papier in eine endlose Schlange von Studien ein, die einen Fachkräftemangel in Deutschland prognostizieren und eine aktive Einwanderungspolitik einfordern. Dennoch gibt es einen Ort in Deutschland, an dem es nahezu ausgeschlossen ist, auf ausländische Beschäftigte zu treffen: hinter dem Bankschalter.

Laut den Statistiken der Bundesagentur für Arbeit sind Ausländer in deutschen Banken eine Rarität. Demnach zählten die Kreditinstitute zwischen Flensburg und Rosenheim zum 31. März 2010 gut 624.000 sozialversicherungspflichtige Mitarbeiter, wovon knapp 14.000 keinen deutschen Pass besitzen. Dies macht eine Quote von gerade einmal 2,2 Prozent aus – was ein verschwindend geringer Wert ist.

Gründe für die Ausländer-Abstinenz deutscher Kreditinstitute

Stellt sich die Frage, wieso einige deutsche Banken Englisch zur Unternehmenssprache auserkoren haben, wenn dort – außer dem Putzpersonal – nur deutsche Muttersprachler beschäftigt sind.

„Viele Arbeitgeber haben Vorbehalte, Ausländer einzustellen, wenn sie die deutsche Sprache nicht können“, beobachtet Andreas Krischke von Indigo Headhunters. Überdies sei die „Community von Expatriates“, in denen Englisch gesprochen wird, in Frankfurt nicht so ausgeprägt wie in Zürich oder Luxemburg.

Ausländische Highpotentials müssen sich im Frankfurter Ausländeramt ganz hinten anstellen

Doch abgesehen von der fehlenden Expatriates-Szene sind einige Probleme hausgemacht. So berichtet Krischke vom Fall eines höchstqualifizierten Londoner Investmentbankers aus Russland, was bekanntlich nicht in der EU liegt. Somit war eine Arbeitsbewilligung des Frankfurter Ausländeramtes erforderlich und dort herrsche die Auffassung, wer zuerst kommt, dessen Fall wird als erstes bearbeitet.

„Im Vergleich zu den Zuwanderungsprogrammen beispielsweise der Nordischen Länder hat man nicht das Gefühl, dass die Behörden um den Zuwanderer werben bzw. Hilfestellung geben,“ ergänzt Krischke. Die Behörde müsse sich mehr als Dienstleister für Highpotentials begreifen, um den Einwanderungswilligen ein gutes Gefühl zu geben.

„Im Endeffekt ist die Person abgesprungen, weil sie in London ein anderes Angebot bekommen hat“, resümiert der Headhunter. Kein Wunder, dass ausländische Fachkräfte einen großen Bogen um Deutschland machen.

 

Von Florian Hamann

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