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Topmanager sitzen sicher

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Sie führen die Geldinstitute – und tragen somit Verantwortung für die dramatischen Verluste. Dass Bankchefs diese Verantwortung aber auch an- und übernehmen, bleibt die Ausnahme.

Frankfurt am Main – Zumindest bei der Deutschen Bank haben alle Topmanager die Krise überstanden. Mehr noch: Vorstandschef Josef Ackermann bleibt drei Jahre länger als bisher geplant bis Frühjahr 2013 an der Spitze. Die größte deutsche Bank hat unlängst sogar ihren Vorstand gestärkt und vier weitere Banker in das Gremium berufen, die allerdings bereits im wichtigen Group Executive Committee – einem zentralen Führungsgremium – eine bedeutende Rolle spielen.

Ackermann will künftig vor allem auch im Investmentbanking draufsatteln: Man sei auf der Suche nach ganzen Spezialistenteams, bekannte der Schweizer zu Beginn dieser Woche. Ausgerechnet das in Verruf gekommene Investmentbanking bleibt für die Deutsche Bank eine zentrale Sparte, weil sich nur hier die von Ackermann angestrebte hohe Rendite erzielen lässt.

Auch das Top-management der Commerzbank hat sich gehalten, obwohl die Übernahme der Dresdner Bank nur durch den Einstieg des Bundes gesichert werden konnte. Vorstandschef Martin Blessing ficht das nicht an. Er sitzt offenbar fest im Sattel. Allerdings hat die Krise die Spitzen der Dresdner Bank sowie zahlreiche Investmentbanker des Hauses den Job gekostet. Etliche von ihnen klagen derzeit auf die Auszahlung von millionenschweren Boni. Die Spitze der Hypo Real Estate (HRE) um den früheren Vorstandschef Georg Funke musste ebenfalls abtreten, während sich die Chefs der Landesbanken, etwa in München oder Stuttgart, trotz dramatischer Verluste aus der Finanzkrise halten konnten.

Insgesamt sind die personellen Einschnitte in den Topetagen der deutschen Banken und in ihrem Investmentbanking bislang überschaubar. Ohnehin beschäftigten die großen Investmentbanken den Großteil des Personals in den Finanzzentren London und New York, sagt Tim Zühlke, Personalberater bei Indigo Headhunters. Genaue Zahlen über die Freisetzung von Investmentbankern in Deutschland nennt Zühlke nicht. „In jedem Fall liegt der Abbau deutlich unter den Einschnitten bei den Ablegern ausländischer Investmentbanken. Hier dürfte in den letzten zwölf Monaten in Deutschland etwa ein Viertel der Jobs weggefallen sein.“ Diese Banker haben es derzeit schwer, wieder eine Anstellung zu finden. „Die Perspektiven sind schlechter, die Banken stellen nur sehr begrenzt ein“, sagt Zühlke. „Aber tot ist das Investmentbanking nicht.“

Es wird weiter Emissionen von Anleihen und Aktien geben, ebenso wie Fusionen und Übernahmen. Dafür braucht man Spezialisten. Trotzdem werden, da sind sich Personalberater sicher, allenfalls 20 Prozent der geschassten Investmentbanker wieder einen Job finden. Viele hoch riskante Geschäfte oder auch Anlageprodukte sind nach der Finanzkrise nicht mehr gefragt. Auch die Perspektiven für Geschäfte mit Zertifikaten haben sich eingetrübt. Nicht nur wegen des Skandals um die Zertifikate der Pleitebank Lehman Brothers.

 

 
(Erschienen im gedruckten Tagesspiegel vom 03.05.2009)
Von Rolf Obertreis

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